Bericht zum Vortrag von Felicia Langer am 13.7.2005

Am Mittwoch, den 13.7., hielt die Tübinger Nahost Ikone Felicia Langer im Schlatterhaus einen Vortrag: Frieden und Gerechtigkeit – noch immer nur ein Traum in Nahost.
Veranstaltet wurde die auch unter den Titel „Wie das faschistische Israel das friedliebende palästinensische Volk unterdrückt“ subsumierbare Veranstaltung neben einigen Tübinger „Nahost-Gruppen“ (unter anderem AK Palästina, Friedensplenum, Verein arabischer Studenten) auch von der ESG Tübingen.
Den Eingangsbereich des Vortragsraums säumten zwei Verkaufstische, auf denen neben Langers Büchern nette Dinge wie eine Kindermusikkassette mit Intifada Kinderliedern feilgeboten wurden.
Von Anfang an ließ Langer keine Zweifel aufkommen wie sie sich im gegenwärtigen Israel-Palästina Konflikt positioniert: Ein zynisches Aufrechnen der Opferzahlen soll deutlich machen, dass Israelis kollektive Täter und Palästinenser kollektive Opfer sind. Es scheint also keine Rolle zu spielen dass ein Selbstmordanschlag auf der einen und israelische Vergeltungsaktionen auf der anderen Seite vollkommen verschiedene Ziele haben. Bei ersterem geht es immer darum, so viele Menschen wie möglich zu töten, oberstes Ziel der israelischen Sicherheitskräfte ist dagegen das Verhindern von Anschlägen.
Langers Vortragstil ist weder logisch strukturiert noch argumentativ begründend. Viel Raum nehmen dagegen Bilder ein, die sie mitreißend zu kommentieren weiß. Da zeugt dann ein mit Edding an eine Hauswand geschmiertes „Kill all Arabs“ von israelischer Araberfeindlichkeit; ein mit roten Herzen verziertes „Palestines love Peace“ dagegen soll die palästinensische Friedenssehnsucht untermalen. Da kommen einem ja die Tränen.
Falls sie sich dann doch mal in das Reich der überprüfbaren Tatsachen wagt sucht sie sich aus was ihr gerade in den Kram passt und verschweigt konsequent alles, was daran Zweifel aufkommen lassen könnte. Sie ist empört über die Vertreibungen nach dem israelischen Unabhängigkeitskrieg, verschweigt aber dass Israel mit dem Ziel, es zu vernichten, angegriffen worden war, und dass die Palästinenser durchaus an diesem Krieg beteiligt waren. Auch dass infolge des Krieges 600000 Juden aus dem Irak, Libyen, Syrien und Ägypten fliehen mussten findet keine Erwähnung.
Ebensowenig in ihr Bild passt die Verfasstheit des antibritischen palästinensischen Widerstands unter der Führung des „Großmufti von Jerusalem“, Hadsch Mohammed Amin Al-Husseini, des späteren geistigen Mentors von Jassir Arafat. Es ist für die Bewertung der Vertreibungen nach 1948 nicht unerheblich, dass es in den Jahren zuvor eine intensive Zusammenarbeit palästinensischer Repräsentanten mit Nazi Deutschland gab. Für den genannten Großmufti, der von 1941 bis 1945 in Berlin weilte, war die Endlösung die Lösung der Probleme Palästinas. Er war maßgeblich an Deportationen ungarischer Juden in die Vernichtungslager beteiligt und organisierte den Aufbau der in Jugoslawien wütenden moslemischen „Handschar“ SS Division.
Einige Aussagen Langers sind hingegen eindeutig falsch: So spricht sie davon, dass die Opposition in den Autonomiegebieten eher links und liberal sei. Fakt ist: die Hamas ist die bedeutendste palästinensische Oppositionspartei. Ein Blick in die Charta der Hamas (http://www.thejerusalemfund.org/carryover/documents/charter.html) zeigt:
Das Weltverständnis der Hamas basiert auf eine Anzahl antisemitischer Verschwörungstheorien; sie behauptet die Echtheit der Protokolle der Weisen von Zion und dass die Freimaurer, der Lions-Club und die Rotarier des Rotary-Club insgeheim „im Interesse der Zionisten“ arbeiteten. Die Hamasmitglieder sehen in den Juden die Verantwortlichen für die Französische Revolution, den „westlichen Kolonialismus“, den Kommunismus und die Weltkriege.

Besonders unangenehm wird Langer wenn sie mit ihrer Wortwahl Analogien zwischen Israel und Nazi Deutschland nahe legt. So spricht sie davon, dass die Mauer aus Palästina ein großes Ghetto wird. Die jüdischen Siedler aus Hebron sind faschistische Extremisten die ethische Säuberungen durchführen. Sie spricht von Straßen die nur Juden befahren dürfen (was nebenbei gesagt falsch ist). Ein Bild von einem Palästinenser, der an einem Checkpoint Geige spielen muss, weckt Erinnerungen an jüdische Musiker in den Vernichtungslagern.
Bei aller Empathie für die eine oder andere Seite. Die industrielle Ermordung der europäischen Juden findet überhaupt keine Entsprechung in der gegenwärtigen israelischen Politik. Andere Behauptungen sind nichts als Verharmlosungen des Nationalsozialismus.
Beim deutschen Publikum besonders gerne gehört werden außerdem Langers Aufforderungen, sich gerade angesichts der deutschen Vergangenheit gegen Israel zu engagieren. Ein erleichtertes Raunen ging durch die Zuschauer als sie die angeblich von jüdischen Organisationen gegen deutsche Kritik eingesetzte Antisemitismuskeule anprangerte. F.Langer: „Opfer von gestern haben nicht das Recht, die Täter von damals zu ewigem schweigen zu verdammen“. Sie behauptet also dass in Deutschland Kritik an Israel tabuisiert ist. Liest sie keine Zeitung? Israel ist neben den USA das Land, das in der hiesigen Medienlandschaft wohl am häufigsten in en Negativschlagzeilen landet. Hier spricht sie dann auch schon mal von gleichgeschalteten Medien die von mächtigen (jüdischen?) Gruppen gesteuert werden, ist also selbst nicht mehr weit entfernt von der jüdischen Weltverschwörung.

Kritik an solchen Aussagen beugt sie vor: Sie als Jüdin, die vor den deutschen 1939 aus Warschau fliehen musste, sieht sich erhaben über jede Kritik. Mit ausladender Gestik erklärt macht sie deutlich dass sie weiß wovon sie spricht, da sie das damals selbst erlebt hat. Wahrscheinlich glaubt sie das sogar selbst.

Was mindestens ebenso verwundert wie Langers Position ist die Tatsache, dass sie vor allem bei sich wohl als links bezeichnenden Menschen auf so große Resonanz stößt. Niemand wird bezweifeln dass es Länder auf der Welt gibt, in denen das Leid der Bevölkerung größer ist als das der Palästinenser. Warum gibt es demnach auch außerhalb des rechtsradikalen Umfelds Gruppen, deren ausgemachter Hauptgegner der Staat Israel ist?
Vielleicht ist die Hauptmotivation für solch ein Engagement ja doch der innige Wunsch, sich Deutsch fühlen zu dürfen, ohne ständig an die Einmaligkeit des Holocausts erinnert zu werden. Juden als Täter können einem da das Leben schon viel erträglicher machen.

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10.11.2004: Vortrag und Diskussion Itamar Marcus, Palestinian Media Watch (Jerusalem)

Mobilmachung gegen Israel
Die palästinensische Gesellschaft im Spiegel ihrer Medien
Vortrag und Diskussion mit
Itamar Marcus, Palestinian Media Watch (Jerusalem)

Nicht nur in Deutschland, im gesamten alten Europa ist der Blick auf die
palästinensische Gesellschaft geprägt von Verzerrungen. Vor dem Hintergrund
der Sympathie für ein durch den Staat Israel „gedemütigtes Volk“, dessen
Ziele man als die eigenen erkennt, hat sich eine flächendeckende
Legendenbildung durchgesetzt. Üblich ist es, noch die Massenmorde der
Selbstmordbomber als pure Verzweiflungstaten zu rechtfertigen, die Israel selbst zu
verantworten habe.
Zu diesen Legenden gehört auch die Behauptung von einer klaren Trennung
zwischen der palästinensischen Gesellschaft und den terroristischen
Aktivisten:
Jenseits des Terrors soll der Ort einer Kultur sein, die nur das Leid von
Besatzung und Krieg zu verarbeiten sucht; da sei das palästinensische
Bildungswesen ein Hort aufgeklärt-kritischen Denkens und geradezu ein
Paradebeipiel für einen „islamischen Weg in die Moderne“; da sei der
„zivile“ Flügel der Hamas mit seinem sozialen Engagement; da sei der
Friedensnobelpreisträger Arafat, der nichts vom Terror weiß, oder
alternativ: eine gegen Korruption und Misswirtschaft protestierende „Opposition“.
Ausgeblendet oder geleugnet wird jegliche Realität, die diese Annahmen und
die ihnen zugrunde liegende Behauptung eines fundamentalen Unterschiedes
zwischen Antisemitismus und Antizionismus in Zweifel ziehen könnte.

Um diese Realität soll es auf der Veranstaltung gehen:
Wie steht es wirklich um die palästinensische Gesellschaft? Was liest,
sieht, hört und denkt die „normale Bevölkerung“?
Wie ist es bestellt um die „kritischen Intellektuellen“, die hierzulande
gerne als Beweis für die Existenz eines anderen Palästinas angeführt
werden?

Wie stehen die Kritiker Arafats zu Antisemitismus und Terror und wie
verhalten sie sich zu Hinrichtungen von sogenannten Kollaborateuren, also
der Ermordung von Schwulen, Prostituierten und Menschen, die ihr privates
Interesse über das des Kollektivs stellen?
In welchem Verhältnis stehen Wohlfahrt und „soziales Engagement“ zur
antisemitischen Ideologie und zur Terror-Intifada, die jede ökonomische
Perspektive zerstört?
Wie wird der Terror gegen Israel in offiziellen palästinensischen Medien
dargestellt, und welches Verhältnis von „ziviler“ PA-Politik und
Islamismus wird daraus deutlich?

Itamar Marcus ist Direktor von Palestinian Media Watch (PMW) in Jerusalem.
PMW besteht seit 1996 und untersucht die Verfasstheit der Autonomiebehörde
und der palästinensischen Gesellschaft. PMW dokumentiert offizielle
Verlautbarungen und Predigten ebenso wie Artikel aus Zeitungen der
palästinensischen Gebiete und anderen palästinensischen Medien.
Zeitungsberichte, Filme und auch Schulbücher werden systematisch übersetzt und ausgewertet.
Thematisch reicht das Spektrum von politischen Beiträgen über Literatur
bis zu Sport und Kreuzworträtseln. PMW will ein umfassendes Bild davon gewinnen,
wie die palästinensische Gesellschaft dem Staat Israel, den Juden und einem
Friedensprozess gegenübersteht.

www.pmw.org.il

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27.6.2005: Seminar der Stuttgarter Friedensinitiative: Iran: Islamistischer Atomstaat

Iran: Islamistischer Atomstaat
Zustand und Politik des Iran nach der so genannten Präsidentenwahl

eine Veranstaltung mit

Wahied Wahdat-Hagh

(Middle East Media Research Institute, Berlin)

Montag, 27. Juni, 19.30 Uhr, Stuttgart, Gewerkschaftshaus,
Willi-Bleicher-Str., Raum 245

Dr. Wahdat-Hagh ist deutsch-iranischer Sozialwissenschaftler und in
Ludwigsburg geboren, Veröffentlichungen in Vorgänge, Prokla, Jungle World,
Die Zeit, Financial Times, Frankfurter Rundschau und taz. Dissertation im
Lit-Verlag: „Die Islamische Republik Iran. Die Herrschaft des politischen
Islam als eine Spielart des Totalitarismus.“

Ob der Streit um das Nuklearprogramm der Mullahs oder ihre antisemitisch
motivierte Unterstützung des Terrors in Nahost, ob Geschlechterapartheid,
Steinigung und totalitärer Anspruch der Geistlichkeit – der Iran gerät nicht
aus den Schlagzeilen. Die Hoffnung auf einen islamistischen „Reformflügel“,
jahrzehntelanges Lieblingskind der europäischen Politik, hat die iranische
Bevölkerung schon lange aufgegeben. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt 26 Jahre
nach der islamisch geprägten Revolution 30% unter dem von 1978. Riesige
soziale Verwerfungen gehen einher mit vielfältiger und scharfer
Unterdrückung. Aber trotz vieler Anläufe und Niederlagen – die iranische
Gesellschaft ist gekennzeichnet durch eine weit verbreitete Opposition
gegen die Machthaber, besonders in der jungen Generation. Das Regime sucht
sich seine äußeren Feinde, um dem wachsenden Druck zu widerstehen.

Nach der so genannten Präsidentenwahl vom 17. Juni: Wie geht es weiter im
Gottesstaat, welche internationale Rolle wird er künftig spielen? Und: Wie
sollen demokratische und emanzipatorische Kräfte hierzulande mit der
islamistischen Diktatur umgehen? Toleranz für „eine andere Kultur“ oder
kompromissloses Eintreten für Menschenrechte und Demokratie? Hoffen auf
äußere Einmischung oder gar nicht erst Kritik üben – aus Angst, dieser in
die Hände zu spielen? Welche Möglichkeiten haben wir, die Menschen im Iran
zu unterstützen?

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Buchbesprechung: Felicia Langer, Brandherd Nahost, Göttingen 2004.

Eine Buchbesprechung

Felicia Langer, Brandherd Nahost, Göttingen 2004.

Unter deutschen Linken findet sich kaum einer, der seine Vorurteile über Israel nicht unter Berufung auf die israelische Linke, sei sie nun offen antizionistischer oder diskret postzionistischer Couleur, zu rechtfertigen und tatsächlich zu bemänteln wüßte. Die Veredelung des Antizionismus zum Engagement für nichts als Menschenrechte, gerade in Deutschland nach 45 eine verbreitete Darreichungsform des Antisemitismus, scheint gelungen, wenn Uri Avnery, Hans Lebrecht, Mosche Zuckermann oder Felicia Langer ins Feld geführt werden können. Sie sagen es doch selbst, freut sich die deutsche Linke, daß Israel rassistisch, militaristisch und kolonisatorisch ist.

Felicia Langer, die seit einigen Jahren in Tübingen lebt, ist sich ihrer Funktion für das deutsche Bedürfnis nach Schuldentlastung durch hemmungslose „Israel-Kritik??? bewußt, de
nnoch läßt sie keine Gelegenheit aus, ihre Leser und Zuhörer zu ermuntern die vermeintliche Befangenheit gegenüber Israel abzulegen und dazu beizutragen den “internationalen Druck auf Israel (zu)erhöhen???, allein in einem Interview das sie der Tageszeitung “Junge Welt??? (2.4.2005) gab wiederholte sie diese Phrase sieben mal.

Im Folgenden werden wir einige von Langers, bei Lesungen in Schulen, Buchläden oder studentischen Verbindungen, oft wiederholten und in Deutschland und Europa weit verbreiteten Behauptungen aufgreifen um sie beispielhaft zu widerlegen. Wir bedienen uns dafür ihrem 2004 erschienen Buch “Brandherd Nahost???, einer Sammlung von Artikeln und Pamphleten in der fast jedes Vorurteil das je über Israel gefällt wurde verteidigt und propagiert wird. Ein Buch in dem jeder, den Feinde Israels gerne als Zeugen heranziehen, von Noam Chomsky über Norman Finkelstein bis Jürgen Möllemann, zustimmend zitiert wird.

Selbstmordattentate, ein „Hilfeschrei“

Beginnen wir mit einem weit verbreiteten Mißverständnis dem Langer im Kapitel über die Selbstmordattentate Vorschub leistet: Diese seien Verzweiflungstaten, verständliche Reaktion auf die Politik Israels. “Israel hat die Palästinenser durch Unterdrückung, Demütigung und dem Kampf gegen ihre Existenz zur suizidalen Verzweiflung gebracht??? (S.69) oder “Was bleibt dem Einzelnen anderes übrig als sein Leben als Waffe einzusetzen.???(S.72) So funktioniert die Rationalisierung der Attentate zum nur logischen und nachvollziehbaren “Hilfeschrei??? der Traumatisierten, dem dann auch noch der völkerrechtliche Segen erteilt wird: “Nicht jeder bewaffnete Kampf gegen Besatzung ist zugleich Terror, das internationale Recht billigt ausdrücklich den Kampf gegen Besatzung.??? (S.73)
Die Geschichte des Terrorismus gegen Israel zeigt, daß es sich beim palästinensischen Terror um eine, weil wirkungsvoll, bewußt gewählte Taktik handelt. Mag sein, daß sich Selbstmordattentäter leichter aus einer Bevölkerung frustrierter Individuen rekrutieren lassen, aber der individuelle Selbstmordbomber geht in der Regel nicht von sich aus in den Tod. Diese Leute werden von einer Führungselite, nach einer kalten Kosten-Nutzen-Rechnung, in den Tod geschickt. Ebenso wie dieses politische Kalkül, das auch die materielle Versorgung der Angehörigen von Attentätern einschließt, spielt die antisemitische islamistische Ideologie der Terrorgruppen für deren Motivation eine Rolle. Daß der Antisemitismus seit den 1930er Jahren zentraler Bestandteil der palästinensischen Nationalbewegung ist, wird von Langer konsequent ausgeblendet. Auch über Märtyrer-Ideologie und die globale Djihad-Bewegung, deren Teil Organisationen wie die Hamas sind, fällt bei Langer kein Wort.

Israel, „zionistischer Aggressor“

Die zweite Behauptung, sie zieht sich von der ersten bis zur letzten Seite durch das Buch: Israel sei der Alleinverantwortliche für den Nahost-Konflikt. Israels Politik gegenüber den Palästinensern sei eine einzige “zionistische Aggression??? (S.29) und würde “durch beharrliche Provokationen??? dafür sorgen daß der Konflikt lebendig bleibe. Auf diese Aggressionen müßten die Palästinenser dann reagieren würden aber meist “zurückhaltend Rache??? nehmen. (S.33) Die israelische Regierung habe “bisher alle Friedensinitiativen torpediert???, wohingegen die Palästinenser bereit seien für eine friedliche Lösung. (S. 157)

Tatsächlich ist der Grund des Problems die Weigerung der arabischen Seite, Israels Existenzrecht anzuerkennen. Im Herzen des Konflikts liegt die wiederholte Ablehnung der Zwei-Staatenlösung durch den Mufti von Jerusalem, die PLO, die arabische Welt und das palästinensische Volk. Dreimal wurde den Palästinensern ein eigener Staat angeboten, 1937, 1947 und 200/2001, sie haben das Angebot nicht nur jedesmal ausgeschlagen, sondern immer mit Terror reagiert. Israel mußte sich von Anbeginn seiner Existenz gegen Angriffe der arabischen Nachbarn verteidigen.

Das „jüdische Establishment“

Schließen wir mit der bereits erwähnten Forderung, der “Internationale Druck??? müsse erhöht werden. (S.157) Diese Forderung fußt auf Langers Behauptung Israel würde von der Internationalen Staatengemeinschaft nicht genügend kritisiert, speziell in Deutschland würde sich niemand trauen Israel zu kritisieren (S.89), verantwortlich für diese Misere sei die “jüdisch-zionistische Lobby??? (S. 91) die jede Kritik unterbinde.
Fakt ist daß kein anderer Staat der Welt so vehementer und andauernder Kritik der internationalen Gemeinschaft ausgesetzt ist wie Israel. Am 24. April 1997 begann eine “Emergency Special Session??? der UN über Israel die bis heute andauert. Es ist eine “open end???- Session, wie es sie in der Geschichte der UN noch nie gegeben hat, nicht zu Ruanda, nicht zum Sudan und auch nicht zur Situation in Tibet. Ähnlich fleißig verhält sich auch die Menschenrechtskommission der UN, der- es ist kein Witz- auch der Sudan angehört. Ein Viertel aller Resolutionen die von dieser Kommission seit ihrer Gründung verabschiedet wurden betreffen eine Verurteilung Israels. Nicht ein Einzige wurde zur Lage der Menschenrechte in Iran, in China oder in Simbabwe verabschiedet. Kein andere Konflikt beschäftigt die Welt so lange, so nachhaltig, so lustvoll wie der im Nahenosten. Völlig zu Recht schreibt Alan Dershowitz in seinem gerade auf deutsch erschienenen Buch “Plädoyer für Israel???, Israel sei “der Jude unter den Staaten.???
Auch in Deutschland kann von einem Zuwenig an Israelkritik keine Rede sein: Über 60 Prozent der Deutschen sind der Meinung, sei die größte Bedrohung für den Weltfrieden, über 68 Prozent sind laut der aktuellen Heitmeyer Studie davon überzeugt, Israel behandle die Palästinenser heute so, wie die Nazis die Juden behandelt haben- was nichts über Geschichte und Gegenwart aussagt aber alles über das Bewußtsein der Deutschen.
Langers Behauptung, mit der sie lang und breit Jamal Karsli verteidigt, Kritik an Israel würde hierzulande mittels “Antisemitismuskeule???, gezielter “Meinungsunterdrückung??? und “Erpressung??? unterbunden, zeugt also von einer reichlich paranoiden Weltsicht. Mit ihrer Rede vom “jüdischen Establishment??? und den “mächtigen jüdischen Organisationen??? die durch “Hetzkampagnen??? dafür sorgen würden, daß keine Kritik an Israel laut würde, die ferner für den Tod Jürgen Möllemans verantwortlich seien, (S. 87-111) überschreitet sie die Grenze zur antisemitischen Verschwörungstheorie. Heute z.B. lebendig in der Imagination der amerikanischen Neocons (“fast alle jüdisch???, S.132) als einflußreichster Gruppe in der Regierung Bush. Die Vorstellung vom Einfluß und der Macht der Juden ist zentraler Bestandteil der Tradition des Antisemitismus.

Wohin Langers Agitation führt, zeigt ein von ihr unterstützter Boykott-Aufruf gegen Waren aus jüdischen Siedlungen der von Tübingen aus seit drei Jahren lanciert wird. Ganz abgesehen davon daß er diese Siedlungen zum größten Problem der Region stilisiert und ein judenfreies Palästina fordert, nimmt er bewußt in Kauf als Aufruf zum Boykott jüdischer Waren insgesamt verstanden zu werden. Die historische Analogie zum nationalsozialistischen Boykott am 1. April 1933 zu übersehen ist nicht mit Naivität zu entschuldigen. Langers Aktivismus gegen Israel und seine Wirkung in Deutschland sollten nicht unterschätzt werden.

Tübinger Initiative gegen Antisemitismus und Antizionismus, im Mai 2005.

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Der ehrbare Antisemitismus: Antizionismus als Antisemitismus von Links

Vortrag von Dr. Thomas Haury, Freiburg

Montag, 15.12.2003, 20:00 Uhr, Schlatterhaus, Österbergstr. 2, Tübingen

Auf ihrem Höhepunkt Anfang der fünfziger Jahre hatten die seit Jahren in Osteuropa andauernden stalinistischen Parteisäuberungen eine unverhohlene antisemitische Ausrichtung. Auch in der DDR wurden hohe Parteimitglieder öffentlich angeklagt, im Dienste des Zionismus und der USA-Finanzoligarchie die Ausplünderung Deutschlands ins Werk gesetzt zu haben. In seinem Vortrag geht Thomas Haury der Frage nach, wie dieser „Antizionismus“ entstehen konnten. Er untersucht zu Beginn die Strukturen antisemitischen Denkens und vergleicht sie mit grundsätzlichen Programmatiken, die dem deutschen Kommunismus eine inhaltliche Prägung gaben:
Am Weltbild Lenins macht er deutlich, dass trotz des Fehlens unmittelbar
antijüdischer Einstellungen eine große Nähe zu antisemitischen
Verschwörungstheorien und Feindbildern besteht. So stellt Lenin zur Legitimation von Revolution und Parteidiktatur einen unversöhnbaren Gegensatz zwischen der ‚produktiven Arbeit‘ des ‚werktätigem Volk‘ und den ‚Finanzkönigen‘ und ‚volksfeindlichen Imperialisten‘ her.
Wie anfällig die Ideologie des „Marxismus-Leninismus“ in Verbindung mit dem in den 20er Jahren entstehenden kommunistischen Nationalismus für antisemitische Stereotype ist, zeigt sich auch an der Propaganda der KPD in der Weimarer Republik. Im Zuge ihrer nationalistischen Agitation, deren Ausmaß zu dieser Zeit einmalig unter den KPs in Europa war, setzte die KPD dem ’schaffenden deutschen Volk ‚bedenkenlos ‚jüdische Kapitalisten‘, ‚jüdische Börsenjobber‘ und das ‚verjudete Finanzkapital‘ entgegen.
Die SED schließlich trieb sowohl die Leninsche Ideologie als auch den
kommunistischen Nationalismus auf die Spitze:
Sie sah sich einer weltweiten imperialistischen Verschwörung der ‚Dollarkönige‘ gegenüber. In der DDR hätten sich ‚getarnte Agenten des Monopolkapitals‘ überall eingeschlichen, um Staat und Partei zu zersetzen. USA-Imperialismus und Zionismus verschmolzen zu einem weltweiten Verschwörungszusammenhang, gegen den das deutsche Volk unter Führung der SED den nationalen Befreiungskampf führen müsse.
Im Rahmen dieses Antizionismus ließen sich auch spezifisch deutsche Belange unterbringen. Die SED leugnete jede Mitschuld des deutschen Volkes am Nationalsozialismus und an der Vernichtung der europäischen Juden und lehnte es 1952/53 sogar ab, „arisiertes“ jüdisches Vermögen rückzuerstatten. Sie bezeichnete derartige Ansinnen als Ausbeutung des ‚werktätigen deutschen Volkes ‚zugunsten ‚zionistischer Monopol- Kapitalisten‘.
Neben der Schilderung der Genese dieses Antizionismus soll vor allem auch sein Einfluss auf die (Neue-) Linke in Westdeutschland, dessen Folgen bis heute und nicht zuletzt in Tübingen zu beobachten sind, dargestellt werden.
Auch der Frage, welchen Teil die Traditionen des linken Antizionismus,
des europäischen Antisemitismus sowie der besondere sekundäre
Antisemitismus nach Auschwitz in Deutschland jeweils auf die aktuelle Konjunktur der Israelfeindschaft in Europa und Deutschland beitragen, soll nachgegangen werden.

Von Thomas Haury erschien 2002 in der Hamburger Edition das Buch „Antisemitismus von links“ Kommunistische Ideologie, Nationalismus und Antizionismus in der frühen DDR.

Eine Veranstaltung von:

Tübinger Initiative gegen Antisemitismus und Antizionismus

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Mo, 2.Juni 03, 20 Uhr, Tübingen, Schlatterhaus, Vortrag und Diskussion: Matthias Küntzel (Politikwissenschaftler, Hamburg): Djihad und Judenhaß. Über den neuen antijüdischen Krieg

Pünktlich zum Auftakt des neuen Friedensprozesses zwischen Israel und den Palästinensern demonstriert Hamas durch die Fortsetzung des Terrors gegen israelische Zivilisten ihre völlige Kompromisslosigkeit. Hamas und Islamic Djihad führen einen Vernichtungskrieg gegen Israel und die Juden. Die Todessehnsucht der „heiligen Krieger“ treibt ein mörderischer Judenhass, der seine ideologischen Wurzeln bei den ägyptischen Muslimbruderschaften und dem Mufti von Jerusalem in den 1930er Jahren hat. Im Kampf gegen die Juden ließen sie sich vom nationalsozialistischen Deutschland inspirieren, das wiederum die islamistischen Gruppen im Palästinakonflikt massiv unterstützte. In der palästinensischen Nationalbewegung ist diese reaktionär-völkische Fraktion unter Führung der radikalen Islamisten hegemonial geworden. Ihre volksgemeinschaftliche und antizivilisatorische Ideologien beruhen auf der antisemitischen Weltverschwörungstheorie, in der die angebliche Weltherrschaft der Juden für alles Übel beschworen wird. Während Hamas vor allem Israel im Visier hat, konzentriert sich eine andere terroristische Djihad-Organisation, das Al-Qaida-Netzwerk, seit dem 11.September 2001 auf die USA und den Westen als imaginäres „jüdisches Zentrum einer materialistisch-egoistischen Weltordnung“.

Der Hamburger Politikwissenschaftler Matthias Küntzel schildert in seinem jüngst im Freiburger ca-ira-Verlag erschienenen Buch „Djihad und Judenhaß“ die Geschichte dieses antijüdischen Krieges und untersucht dabei auch die von den Islamisten zerstörten historischen Alternativen eines friedlichen Ausgleichs zwischen Palästinensern und Juden in der arabischen Welt. Mit der Übernahme der antisemitischen Weltverschwörungstheorie erreichte die Annäherung der Muslimbrüder an den Nationalsozialismus ihren Höhepunkt. Damit fand die in Deutschland eit 1945 unterdrückte antisemitische Wahnidee in der arabischen Welt ihr wirkungsmächtigstes Exil. In Deutschland herrscht jedoch Schweigen zum Vernichtungsantisemitismus von „Islamischem Djihad“ und Hamas sowie deren historischen Vorbildern. Im Vortrag wird es u.a. darum gehen, warum die enge Zusammenarbeit der deutschen Nazis mit dem Mufti von Jerusalem und den Muslimbrüdern in der deutschen Linken, der deutschen Öffentlichkeit und ihren Nahost-Experten, wie bspw. der Politikwissenschaftlerin Helga Baumgarten, ausgeblendet wird.

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Mehr als eine Provinzposse: Friedenplenum ruft zum antisemitischen Boykott gegen Israel auf!

Der vom Friedensplenum Tübingen unterstützte Aufruf „35 Jahre israelischer Besatzung müssen ein Ende haben!“, ruft zum Boykott israelischer Waren und zum Stopp von Rüstungsexporten aus der BRD nach Israel auf. Im Zuge der verschärften antizionistischen Kampagne gegen Israel stellt dieser Aufruf einen neuen gefährlichen Höhepunkt dar.

Der Aufruf greift die Existenz Israels an, weil sich Israel gegen den palästinensischen Terror und die Übermacht der arabischen Welt militärischverteidigen muß. Die permanenten Bedrohungen durch aktuelle palästinensische Selbstmord-Massenmorde in Israel und Vernichtungsdrohungen vom Iran und Irak sowie historisch durch die Angriffskriege arabischer Staaten gegen Israel werden im Aufruf mit keiner Silbe erwähnt. Ein Stopp der Waffenlieferungen bedeutet faktisch eine militärische Schwächung und stellt verdeckt das Existenzrecht in Frage. Genau darauf zielt dieser Aufruf, wofür das Friedensplenum bereits Unterstützerunterschriften sammelt.

Außerdem ist beim propagierten Warenboykott, der mit ähnlicher
Begründung auch von Islamisten in der BRD wie muslim-markt.de
verbreitet wird – die historische Analogie zum nationalsozialistischen
Boykott am 1.April 1933: „Deutsche wehrt Euch – Kauft nicht beim
Juden“ offensichtlich. Dieser antisemitische Boykott leitete die
Ermordung der europäischen Juden ein. Daher ist der Aufruf nicht nur
ein Skandal. 60 Jahre nach Auschwitz ist die Boykottkampagne Ausdruck antisemitischer Normalität in Deutschland; sie zeigt, dass dem Tübinger Friedensplenum offenbar jedes Mittel recht ist, Israel zu bekämpfen und dabei gleichzeitig die nationalsozialistischen Verbrechen der Deutschen zu entsorgen.
Dieser von deutschen Friedensaktivisten propagierte Antizionismus entpuppt sich wieder einmal als gefährliche Form der Erinnerungsabwehr und Schuldverleugnung. Die Juden werden wieder zu Tätern gemacht.
Dabei arbeitet der Aufruf mit semantischen Tricks: Nicht mehr „Israel
muß weg“ wird heute gefordert, sondern es wird auf die Siedlungen
kapriziert. Dass Israel die einzige Demokratie im Nahen Osten ist, fällt
unter den Tisch. Durch die Boykottpropaganda negiert die antizionistische Linke die innerisraelischen Debatten über die Siedlungen.

Mit Unterstützung einer Boykottkampagne, wie sie einem gesellschaftsübergreifenden Konsens nicht nur von linken und rechten
Antiimperialisten von der NPD bis hin zur PDS entspricht, bereitet das
Friedensplenum dem von Walser und Möllemann offen artikulierten
Antisemitismus in Deutschland weiter das Feld.
Wer Israel keine Waffen mehr liefern möchte für den Kampf gegen islamistische Gruppen, Staaten und Regierungen, wünscht sich offen oder heimlich Israels Verschwinden. Wer keine israelischen Waren kaufen will und dies öffentlich propagiert, stellt sich in die nationalsozialistische Tradition. Gegen den antisemitischen Boykott von Israel seitens des Friedensplenums Tübingen protestieren wir aufs Schärfste.
Wir rufen dazu auf, den Antisemitismus des Friedensplenums entschieden zu verurteilen.

Initiative gegen Antizionismus und Antisemitismus
(Berlin/Bremen/Esslingen/Hamburg/Tübingen)


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